Samstag, 10. Mai 2008

Testaerra - Scherbenwelt

Prologue


Sie horchte auf. Irgendetwas war geschehen. Sie hörte und sah nichts, doch sie spürte es.
Und, wenn sie etwas spürte, ohne es anders wahrzunehmen, wusste Liana, dass sie es ernst nehmen musste.
Das hatte sie mittlerweile gelernt, nach all den Jahren.

Etwas an ihr war nicht normal, nicht so wie bei den anderen Mädchen, als sie noch ein Kind war.
Daran hatte sich nichts geändert. Sie war in einer besonderen Weise anders.
Sie hatte sich daran gewöhnt, nicht viele Freunde zu haben. Eigentlich hatte sie gar keine Freunde.
Bis auf den alten Umbrich. Mit dem konnte sie immer über alles reden. Aber zu Umbrich später.
Als Liana diese Veränderung bemerkte, legte sie das Buch, in dem sie gerade las,
sie war Buchkritikerin bei einem Wochenblatt, nieder und ging ins Wohnzimmer.
Als sie die Tür zum Arbeitszimmer schloss, überlegte sie wieso sie dorthin ging. Sie wusste es nicht,
aber aus einem unbegreiflichem Grund fühlte sie, dass dort ihr Ziel war,
beim Kamin im geräumigen Wohnraum. Bei dem Kamin, der schon seit Jahren nicht mehr in Betrieb war.
Wenn sie mit dem Bericht über das Buch fertig war, nahm sie sich vor,
würde sie wieder mal ein gemütliches Feuer entfachen.

Im Moment nachdem sie das Zimmer betreten hatte, kam ihr alles wie immer vor, doch im
nächsten Augenblick bemerkte sie es; das uralte Bild, das auf dem Kaminsims gestanden hatte,
war hinunter gefallen und nun lag der Rahmen, ein wunderschöner alter Rahmen, in Scherben am Teppich.

Normalerweise hätte sie sich darüber unheimlich geärgert, aber heute war sie gewarnt. Sie wusste,
da musste irgendetwas Unheimliches sein. Als erster fiel ihr auf, dass kein Fenster geöffnet war.
Wie war das Bild herunter gekommen? Und das, was sie jetzt zu sehen bekam,
verschlug ihr für einen Moment den Atem.

Die Scherben rückten wie von Geisterhand ein Stück weit auseinander und es bildete sich etwas abgrundtief Abschäuliches zwischen ihnen...

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